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Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs: Meilensteine und weitere Entwicklung
1982 - 2017: Erste Bereiche mit verpflichtendem elektronischen Rechtsverkehr
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Bei den Amtsgerichten Stuttgart und Stuttgart-Bad Cannstatt wurden im Jahr 1982 die ersten elektronischen Mahnverfahren durchgeführt, seit 1987 werden alle Mahnverfahren ausschließlich elektronisch durchgeführt. Zentrales Mahngericht ist das Amtsgericht Stuttgart.
Bei den Registergerichten in Stuttgart, Mannheim, Freiburg und Ulm dürfen Dokumente seit dem 1. Januar 2007 ausschließlich elektronisch eingereicht werden.
Bei den grundbuchführenden Amtsgerichten können seit dem 1. Juli 2012 Dokumente elektronisch eingereicht werden. Notare sind zur elektronischen Einreichung verpflichtet.
Zum 1. Juli 2016 wurde das zentrale Schutzschriftenregister eingerichtet. Rechtsanwälte sind zur elektronischen Einreichung verpflichtet.
Weitergehende Informationen zu den Register- und Grundbuchsachen finden Sie auf www.justizportal-bw.de.
2018: Elektronischer Rechtsverkehr bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften
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Seit dem 1. Januar 2018 können alle Kommunikationspartner der Justiz ihre Schriftsätze elektronisch einreichen. Zulässig ist der elektronische Versand durch das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP), das besondere elektronische Behördenpostfach (beBPo), das besondere elektronische Notarpostfach (beN),
das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) sowie die absenderbestätigte DE-Mail.
Die Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs (ERV) gilt flächendeckend für alle Instanzen in allen fünf Gerichtsbarkeiten sowie für die Staatsanwaltschaften. Auch beim Ministerium der Justiz und für Migration und bei allen Justizvollzugsanstalten im Land ist der elektronische Rechtsverkehr eröffnet.
Gerichte haben die Möglichkeit zur Zustellung gegen elektronisches Empfangsbekenntnis, d.h. es besteht eine sog. passive Nutzungspflicht von Rechtsanwälten, Behörden und sonstigen Personen des öffentlichen Rechts. Diese Personen müssen für die Justiz auf zumindest einem dieser elektronischen Wege erreichbar sein.
2019: Elektronischer Rechtsverkehr bei den Strafverfolgungs- und Bußgeldbehörden
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Seit dem 1. Januar 2019 ist der elektronische Rechtsverkehr auch in Verfahren bei Strafverfolgungsbehörden und Bußgeldbehörden eröffnet. Es ist der elektronische Versand durch EGVP, beBPo, beN, beA sowie absenderbestätigte DE-Mail zulässig.
2022: Bundesweit obligatorischer elektronischer Rechtsverkehr
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Ein wichtiger Meilenstein wurde zum 1. Januar 2022 erreicht: Aufgrund bundesgesetzlicher Vorgaben wurde für professionelle Einreicher die aktive Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr (ERV) verpflichtend: Rechtsanwälte, Behörden und sonstige juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse müssen den Gerichten ab diesem Stichtag sämtliche vorbereitende Schriftsätze, deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen als elektronisches Dokument übermitteln (vgl. § 130d Satz 1 ZPO, § 55d Satz 1 VwGO, § 65d Satz 1 SGG, § 46g Satz 1 ArbGG, § 52d Satz 1 FGO und § 14b Abs. 1 Satz 1 FamFG, jeweils in der ab 1. Januar 2022 geltenden Fassung). Die Einreichung von Dokumenten per Papierpost und Telefax ist im Anwendungsbereich der Vorschriften ab diesem Zeitpunkt unzulässig und wirkt beispielsweise nicht mehr fristwahrend.
Die Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr muss dabei über einen gesetzlich bestimmten sicheren Übermittlungsweg erfolgen (vgl. nur § 130a ZPO); die Übersendung von Dokumenten per einfacher E-Mail ist weiterhin ausgeschlossen. Für öffentlich-rechtliche Teilnehmer kommt als sicherer Übermittlungsweg vorrangig das besondere Behördenpostfach (beBPo) in Betracht, für Rechtsanwälte des besondere Anwaltspostfach (beA). Neben den sicheren Übermittlungswegen kann auch die klassische EGVP-Infrastruktur genutzt werden, dann ist aber zusätzlich in jedem Fall bei der Übersendung eine qualifizierte elektronische Signatur anzubringen.
Der Adressatenkreis der gesetzlichen Verpflichtung ist weit gefasst: Neben den Behörden des Bundes und der Länder, den Landkreisen und Kommunen sind unter anderem Universitäten, Studierendenwerke, als öffentlich-rechtliche Anstalt organisierte Krankenhäuser, Krankenkassen, Rundfunkanstalten, Sparkassen, Kammern, öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften oder auch Wasser- und Bodenverbände betroffen.
Über den Verweis im zukünftigen § 753 Abs. 5 ZPO auf § 130d ZPO greift diese Pflicht auch im Vollstreckungsverfahren, z.B. bei der Vollstreckung durch Gerichtsvollzieher. Sobald also im Vollstreckungsverfahren ein schriftlicher Antrag erforderlich ist, muss von den professionellen Einreichern der elektronische Weg genutzt werden.
Personen, die nicht als sog. professionelle Einreicher gelten (also z.B. Bürger, aber auch Sachverständige, Dolmetscher und Übersetzer) dürfen weiterhin alles wie gehabt in Papierform einreichen.
2022 - 2023: Weitere sichere Übermittlungswege
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Mit dem „besonderen elektronischen Bürger- und Organisationenpostfach“ (eBO) wurde zum 01. Januar 2022 die Grundlage geschaffen, dass Unternehmen und Organisationen mit der Justiz elektronisch kommunizieren können. Ein eBO kann von Bürgerinnen und Bürgern sowie Organisationen, insbesondere Arbeitgeberverbänden, Gewerkschaften, Firmen, Vereinen, juristischen Personen und sonstigen Vereinigungen für die elektronische Kommunikation mit der Justiz genutzt werden.
Seit dem 1. Januar 2023 ist von allen Steuerberaterinnen und Steuerberatern das „besondere elektronische Steuerberaterpostfach“ (beSt) verpflichtend einzurichten und vorzuhalten.
Am 12. Oktober startete der Pilotbetrieb des "Mein Justizpostfach" (MJP). Seitdem können Bürgerinnen und Bürger dieses kostenfrei für die Kommunikation mit der Justiz nutzen.